Die Spitzen von SPD, CDU und CSU haben ihren monatelangen Streit über die geplante Arbeitsmarktreform beigelegt. „Wir haben eine Einigung“, sagte Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles von der SPD nach einem Treffen der Regierungskoalition in Berlin. „Es wird in Zukunft klare Regeln geben für Arbeitgeber und Arbeitnehmer, um den Missbrauch bei Leiharbeit und Werkverträgen zu bekämpfen.“ Klar verabredet sei gleicher Lohn für gleiche Arbeit ohne Schlupflöcher. Eine Dauerentleihung von Zeitarbeitnehmern gebe es künftig nicht mehr. Einen ersten Gesetzentwurf für dieses Vorhaben hatte Nahles‘ Ressort bereits im November vorgelegt.
Mit Werkverträgen vergeben Unternehmen etwa IT-Dienstleistungen oder Catering- und Reinigungsdienste an andere Firmen. Bei der Zeitarbeit werden Arbeitskräfte entliehen. Nach den amtlichen Zahlen gab es im Juni vorigen Jahres eine Million Leiharbeiter. Laut den Gewerkschaften nutzen viele Unternehmen diese Instrumente, um Löhne und soziale Standards zu senken. Die Arbeitgebervertreter in der Union hatten hingegen vor Einschränkungen der unternehmerischen Flexibilität gewarnt.
Der Weg sei nun frei für die weitere Beratung des Gesetzentwurfs im Kabinett, sagte Nahles. Am Treffen im Kanzleramt nahmen neben Nahles und Angela Merkel SPD-Chef Sigmar Gabriel, CSU-Chef Horst Seehofer, Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) sowie die Fraktionsvorsitzenden von Union und SPD, Volker Kauder und Thomas Oppermann, teil. Vor allem die CSU hatte zuvor Änderungswünsche angemeldet.
Viele Ausnahmen bei vielen Regeln
Der jetzt beschlossene Kompromiss sieht nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur vor, dass Zeitarbeiter künftig höchstens 18 Monate im selben Betrieb beschäftigt werden dürfen. Allerdings gibt es Ausnahmen. Wenn beispielsweise Unternehmen mit Gewerkschaften einen Tarifvertrag vereinbart haben, können sie die Einsatzzeit zusammen verlängern. Auch für Betriebe ohne Tarifvertrag ist das möglich. Sie müssen dafür aber die tarifvertraglichen Regelungen der jeweiligen Branche zur Überlassungshöchstdauer übernehmen. Eine längere Abweichung soll zulässig sein, wenn eine Lohnerhöhung stufenweise vorgesehen und nach spätestens 15 Monaten einer Anstellung eine Bezahlung erreicht ist, die mit dem Tariflohn von Stammbeschäftigten vergleichbar ist. Außerdem ist laut Nahles künftig ausgeschlossen, dass Unternehmen Leiharbeiter als Streikbrecher einsetzen.
Klare Kriterien zu Werkverträgen
Abschaffung der verdeckten Leiharbeit Auch bei Werkverträgen will Nahles neue Regeln schaffen. So soll klar festgelegt sein, wann tatsächlich ein Werkvertrag und wann ein normales Arbeitsverhältnis vorliegt. Bei letzterem müssen Arbeitgeber Sozialabgaben zahlen. Dazu soll die Vorratsverleiherlaubnis abgeschafft werden. Sie erlaubt es Arbeitgebern bislang, Werkvertragsnehmer im Nachhinein – also zum Beispiel bei Kontrollen durch den Zoll – als Leiharbeiter zu deklarieren. Diese verdeckte Leiharbeit soll in Zukunft mit Bußgeldern bestraft werden.
Der Fraktionsvize der Linken im Bundestag, Klaus Ernst, hatte das geplante Gesetz schon vor dem Treffen kritisiert. Es bedeute sogar eine Verschlechterung gegenüber der bisherigen Gesetzeslage, sagte er. Es sei „Etikettenschwindel“, gleichen Lohn für gleiche Arbeit ab neun Monaten für Leiharbeiter zu fordern, „wenn man weiß, dass mehr als die Hälfte der Leiharbeitsverhältnisse nach drei Monaten bereits wieder beendet sind“.
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10. Mai 2016, 21:35 Uhr / Quelle: ZEIT ONLINE, dpa, Reuters, jr
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